Zusammenfassung der digitalen Veranstaltung vom 19.04.2021
Das Forum ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg widmet sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig dem Thema Leben im Alter und greift es in mehreren Forumsveranstaltungen auf. In der Veranstaltung, die wir am 19.04.2021 zusammen mit der Fachstelle Altern und Pflege im Quartier im Land Brandenburg (FAPIQ) durchgeführt haben stand die Pflegestrukturpolitik des Landes Brandenburg und ihre Auswirkungen auf das Leben im Alter vor Ort im Mittelpunkt. Die Veranstaltung thematisierte, wie Bedarfe der ländlichen Räume im neuen Förderprogramm des Landes „Pflege vor Ort“ aufgegriffen werden können - auch in Hinblick auf das LEADER-Programm. Dabei kamen unterschiedliche Expert:innen und Akteur:innen zu Wort, gingen in einen fachlichen Austausch und beleuchteten die vielen unterschiedlichen Facetten des Programmes „Pflege vor Ort“. Herr Dr. Harald Hoppe vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz betonte zu Beginn der Veranstaltung, dass die Sicherung der Daseinsvorsorge, eine Schaffung von Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sowie die Würdigung des Gesundheits- und Pflegebereichs grundlegende Pfeiler einer wertschätzenden Gesellschaft sind und zu unterstützen sind. Besonders hob er die Notwendigkeit der ambulanten Pflege in den ländlichen Räumen hervor.
Im ersten Abschnitt der Veranstaltung stellten die Projektleiterin Katharina Wiegmann und der Referent für alternsgerechte Quartiersentwicklung Hendrik Nolde von der FAPIQ das Förderprogramm „Pflege vor Ort“ vor. Dabei sprachen sie die stetig steigende Anzahl an pflegebedürftigen Personen an, die zu einem immer stärkeren Bedarf nach Fachkräften führt. Das Förderprogramm als Teil des Paktes für Pflege soll in diesem Zusammenhang einen Beitrag dazu leisten, dass die gesundheitliche Versorgung in der Fläche des Landes verbessert wird. Neben der Pflege und der Pflegevermeidung, gehören auch Beratung und Unterstützung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie die Verbesserung von Ausbildungs- und Beschäftigungsbedingungen in der Pflege zu den Aufgaben. Finanzielle Förderung können sowohl Ämter als auch Landkreise beziehungsweise kreisfreie Städte für die Umsetzung dieser Aufgaben erhalten. Außerdem wurden Ergebnisse des Pflegegutachtens der ISW für den ländlichen Raum Brandenburgs inkl. daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen vorgestellt. Das Gutachten war in der letzten Legislaturperiode von der Enquetekommission zur Zukunft der ländlichen Räume des Brandenburger Landtags in Auftrag gegeben worden. Das grundsätzliche Bestreben, älteren Menschen die Möglichkeit zu geben, so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld wohnen zu bleiben, wurde dabei themenübergreifend thematisiert.
Daran anschließend wurde das Haus der Generationen in Groß Leuthen von Frau Birgit Raddatz vorgestellt, welches in dem gemeinsamen Projekt “Lange mobil & sicher zu Hause“ zusammen mit der Akademie der 2. Lebenshälfte Bewegungsangebote für Ältere anbietet. Das große Ziel hierbei ist die Erhaltung der Mobilität älterer Menschen, um einen Übergang in ein Pflegeheim möglichst lang zu verzögern. Weiterhin wurde gezeigt, dass dort generationsübergreifende Aktivitäten und Begegnungen unterstützt werden und Kümmerer bei der Bewältigung des Alltags und des Alters helfen. Auch die FAPIQ beteiligte sich mit dem Projekt „Mit Sport leben“ an Sportmaterialien und -taschen am Gelingen des Projektes.
Ein weiteres „best practice“- Beispiel stellte der Regionalmanager Sven Guntermann von der Lokalen Aktionsgruppe Elbe-Elster e.V. vor. Im Projekt geht es um die Entwicklung eines Regelversorgungsangebotes zur altersfreundlichen Wohnraumanpassung. Aktuell leben in Elbe-Elster mehr als 90% der über 65-Jährigen in Wohnungen, die nicht für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen geeignet sind. Gleichzeitig steigt der Anteil der pflegerischen Akutfälle, welche die pflegenden Angehörigen nicht auffangen können und eine professionelle Wohnraumanpassungsberatung notwendig macht. Das Ziel des Projektes ist es, die Beratungsangebote zur altersgerechten Wohnraumanpassung zu optimieren, die Überführung in eine Regelfinanzierung zu erreichen und somit die Erhaltung der Wohnorte für die älteren Menschen zu gewährleisten. Besonders bemerkenswert war die Erkenntnis, dass sich bereits mit 12 durch Wohnberatung verhinderten Heimunterbringungen im Landkreis Elbe-Elster (bzw. 20 im Landkreis Nordsachsen) die Finanzierung einer Wohnberatungsstelle pro Jahr für die Kommune rechnet. Zukünftig soll es zudem ein Schulungsprogramm für Wohnberater:innen in diesem Segment geben, um das Beratungsangebot zu erweitern. Außerdem sollen perspektivisch Pflegestützpunkte ausgebaut werden, in denen auch Wohnberatungsstellen angesiedelt werden könnten.
Zuletzt stellte Annegret Huth von der Praxisforschungsstelle für Lebensmodelle im Alter auf dem Land das „Haus der Begegnungen“ in Heinersdorf vor, welches einen großen Beitrag zur Entlastung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen vor Ort leisten soll. Die Idee dahinter ist, dass es ein tagestrukturiertes Angebot für Senior:innen geben soll und der Tag mit Gästen, Helfer:innen und weiteren Akteur:innen aus dem Dorf gemeinsam gestaltet wird. Außerdem ist ein organisierter Fahrdienst geplant, um Barrieren - besonders mit der teilweise eingeschränkten Mobilität auf dem Dorf und im Alter- zu überwinden. Die Begegnungsstätte zeichnet aus, dass sie partizipativ angelegt ist und jeder sich mit seinen Fähigkeiten einbringen kann. Dabei soll es zukünftig ganz unterschiedliche Angebote geben: von der Nähwerkstatt, zur Gesundheitsprävention oder dem gemeinsamen Handwerkeln, über den Umgang mit digitalen Medien oder Gärtnerrunden. Ergänzt werden soll dies durch ambulante Pflege und den rollenden Mittagstisch und vielen weiteren Ideen. Dadurch soll das Selbstwertgefühl der Senior:innen gestärkt, der Vereinsamung entgegengewirkt und Freude an diversen Aktivitäten gefunden werden. Langfristig kann so ein längerer Verbleib im Wohnumfeld realisiert werden.
In der anschließenden Diskussion wurde zudem angeregt, dass Fahrdienste in Orten mit einer schlechteren Infrastruktur beispielweise durch Fahrzeuge von Partyservices oder ähnlichen Dienstleistern realisiert werden könnten, da diese PKWs oft nur am Wochenende und abends gebraucht werden. In Abstimmung könnten diese Autos dann angemietet werden, was auch einen Mehrwert für den Partyservice bedeuten würde. Außerdem wurde besprochen, dass auch die Qualifizierung von ehrenamtlichen Kräften immer wichtiger für eine nachhaltige Arbeit wird und dies weiter forciert werden sollte.
Im Austausch mit der FAPIQ wurde deutlich, dass mit dem Pakt für Pflege im Land Brandenburg die Pflege vor Ort gestärkt und nachhaltig gestaltet, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen insbesondere im ländlichen Raum entlastet, Beratungsstrukturen ausgebaut und die Fachkräftesicherung in der Pflege durch attraktive Ausbildungs- und Beschäftigungsbedingungen gefördert werden soll. Das Herzstück des Paktes ist die Förderung der Landkreise und kreisfreien Städte, der Gemeinden und Ämter durch das Programm „Pflege vor Ort“. Die Kommunen erhalten Fördermittel, damit Projekte direkt vor Ort, in den Dörfern, den Gemeinden, den Quartieren entstehen, die es ermöglichen, dass Menschen mit Pflegebedarf weiterhin am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen können, durch Angebote und Informationen entlastet werden und so möglichst lange in ihrem vertrauten Wohnumfeld leben können. Die Fachstelle Altern und Pflege im Quartier im Land Brandenburg berät und unterstützt die Kommunen bei dieser Aufgabe.
In dieser Veranstaltung hat sich gezeigt, wie gut das Förderprogramm „Pflege vor Ort“ in Ergänzung mit den Vorhaben der ländlichen Entwicklung und den Handlungsfeldern in LEADER wirken. Es wurde zudem angeregt, dass die LEADER-Regionen das Thema in ihren neuen regionalen Entwicklungsstrategien als Querschnittsthema einbeziehen sollten.
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